Ich sehe Bilder
von Gotteskriegern
mit grünen Stirnbändern
in Reih und Glied auf der Straße
die starrenden Waffen in die Höhe gereckt
ich verstehe nicht
was sie skandieren
was sie antreibt
aber ich frage mich
ob nicht eine Reaper-Drohne dieses Spektakel spektakulär
beenden könnte und damit eine Schande für die Menschheit?
Dann höre ich
wie ein Armeesprecher verlautbart
bis morgen seid ihr alle evakuiert
ihr zwei Millionen Menschen
danach schlagen wir zurück
Artilleriefeuer begleitet seine Worte
und tausende Menschen sterben
auch ohne Waffen in ihren Händen
und plötzlich glaube ich
verstehen zu können wie Menschen zu Terroristen werden
wenn ein Knopfdruck entscheidet ob sie
eine Familie
ein Zuhause
Nahrung und Wasser
oder ein Leben haben
waren Entscheidungen über Zukunft
und Perspektive
etwa nicht schon lange gefallen
ich ertappe mich bei der Frage
brauchen sie nur größere Waffen?
Und dann ist da noch dieser
Gnom im Kreml
von seinem langen Tisch aus entscheidet er
welche Nachbarländer überfallen werden
wessen Stimmen in Gift ertrinken
warum da noch niemand
eine Atombombe in den Keller geschmuggelt hat
in Spielfilmen funktioniert das doch auch?
Dabei fällt mir ein, wie gerne unsere Wirtschaft
mit ihm Geschäfte macht
immer noch
wie gerne wir die hehre Rechtsstaatlichkeit über Bord werfen
solange nur die Kasse klingelt
dabei steht das Volk der Wirtschaft in nichts nach
wenn die Angst umgeht
dass die Heizung kalt bleiben könnte
oder der Blackout droht
Kerzen sind out
außerhalb der Weihnachtszeit
Herzen auch
wie nur sollten Menschen aus den Blasen brechen
die stetig mit heißer Luft befüllt werden von
Medien, die nicht gleichgeschaltet zu werden brauchen
weil viele in wenigen alten, gecremten Händen liegen
und genügend Politiker in ihrem Arsch stecken
vielleicht sollten wir alle leise sterben gehen?
Stetig greift der Hass nach mir
und ich begreife:
„Wehret den Anfängen!“
bedeutet nicht etwa
„Verprügelt Nazis auf der Straße!“.
Es bedeutet, dem Nazi dort
zu begegnen, wo er am gefährlichsten ist,
ihn zu erkennen,
ihn anzuerkennen,
sich mit ihm auseinanderzusetzen,
ihm mit Menschlichkeit und mit besseren Argumenten
zu begegnen und ihn niederzuringen,
immer und immer wieder,
in uns selbst;
und dann andere
in diesem Kampf zu bestärken.