Ich tippe einen Nachruf ab,
den ich erstellte auf Papier.
Das Lob darin ist eher knapp.
Die Tote war nicht nur ne Zier.
Mein Schulterengel ploppt hervor:
„Verzeih, wenn ich das flugs erwähne,
den Text nimm dir noch einmal vor.
De mortuis nil nisi bene!“
Ich les erneut, ich les genau.
Da steht: „Sie war bisweilen lieb
und eine wunderhübsche Frau,
der Schönheitswahn ihr Stundendieb.
Sie kochte zwar nicht schlecht, doch schlicht,
trug auf den Zähnen eine Mähne ...“
Ich sehe ein: So geht das nicht.
De mortuis nil nisi bene!
Ich knüll den Text und werfe ihn
mit Schwung in Richtung Müllgefäß.
Die nächsten Stunden lass ich ziehn
vor leerem Blatt und mein Gesäß
wird platter als ein schlechter Witz.
Wo bist du, Muse, meine Kleene?
Nun bring mir schon den Geistesblitz!
De mortuis nil nisi bene.
Auf einmal kommt mir die Idee:
Den Nachruf trug ich doch zu Grabe,
so ist er also tot, passé.
Für ihn gilt's demnach auch. Ich habe
ihn aus dem Abfall rausgeklaubt.
Die Falten nehme ich in Kauf.
Ein Ehrenplatz sei ihm erlaubt.
De mortuis … Ach, scheiß was drauf!
Das Gedicht findet sich in folgenden Kategorien:
"Allgemeine Reime", "Heiter bis Wolkig", "Liedtext"
Das Gedicht findet sich in folgenden Büchern:
"Stachels Festungspostille II"
Zu dem Gedicht liegen Noten vor:
/blaetter/De_Mortuis_nil_nisi_bene.pdf