Nach langem Stillstand sind die Pendler müde.
Das Volk ist zornig, Nerven liegen blank.
Verhandlungsmarathons, im Tonfall rüde,
versandeten ein jedes Mal im Zank.
Und endlich titeln aufatmende Lettern:
„Der Streik vorbei! Zum Glück für alle siegt
Vernunft. Wir danken vielmals unsern Rettern
aus Politik und Wirtschaft. Ihnen liegt
Gerechtigkeit und Weisheit in den Genen.
Die Zeit der Geiselhaft hat nun ein End.
Wir hoffen alle, dass mit solchen Plänen,
sich nie mehr ein Gewerkschaftsboss verrennt.“
Und weil Politiker an Zukunft denken,
der Bürger die Veränderungen hasst,
hat man, um nächstes Mal schon jetzt zu lenken,
ganz einfach die Gesetze angepasst.
++++
Im Vorstandshochhaus knallen Korken, Flaschen
um Flaschen Schampus werden angekarrt.
Mit Boni füllen sich so manche Taschen,
denn schließlich war die letzte Zeit sehr hart.
Man klopft Verhandlungsführern auf den Rücken,
behäuft sie, wie sich selbst, mit Lob und Dank,
ist völlig aus dem Häuschen vor Entzücken
und lacht sich ob des geilen Schachzugs krank.
Der Chef erklärt mit Stolz, die Gegner liegen
am Boden, werden niemals mehr ein Bein
in Funk und Fernsehn auf die Erde kriegen,
und stehen auch in allem Print allein.
Er sehe, dass die Kurse sich erholen.
Schon fünf Reporter hatte er am Draht,
von denen jeder einzelne verstohlen
ein exklusives Interview erbat.
Ein Praktikant, der zaghaft wagt zu fragen,
ob das nicht alles viel zu teuer war,
verursacht große Heiterkeit. Ihn plagen
Gewissensbisse, deshalb legt er dar:
„Der Ausfall ließ Verluste explodieren.
Die Zusatzkosten waren zehnmal mehr
als alle Forderungen sich summieren,
die die Gewerkschaft wollte zum Salär.“
Der Chef legt seinen Arm um ihn: „Mein Kleiner,
wir haben viel mit diesem Coup geschafft:
Der Gegner ist für alle ein gemeiner
Erpresser. Und er ist dahingerafft.
Die öffentliche Meinung war seit Anfang
des Arbeitskampfes fast komplett gedreht.
Der Gegner fand in keinen Medien Anklang,
weil er für Starrsinn und Gezeter steht.“
Na klar, am Fußvolk muss man künftig sparen.
Die Kunden, die man kräftig bluten lässt,
die wird man vor dem wahren Grund bewahren.
Zum Glück steht ja der Sündenbock schon fest.
„Der wichtigste Aspekt jedoch: “, geschickt
löst er den Gürtel, zieht die Hose freier
zum Praktikanten, der recht sparsam blickt,
„Auf jeden Fall hab ich die dicksten Eier!“